Von der Erde zum Mondvon Jules VerneSciencefiction-LesungNDR 2004Dauer: 7 Stunden 09 Minuten 01 SekundenVernes Roman erschien 1865, und er schildert, gut hundert Jahre vor der ersten wirklichen Mondlandung des Jahres 1969, ein Expedition zum Mond. Ein Unternehmen, das für die Zeitgenossen des Schriftstellers noch in den Bereich des Unrealisierbaren gehörte. Nicht in den Bereich des Unmöglichen, sonst hätte die scheinbar phantastische Science fiction-Geschichte nicht Millionen Leser in aller Welt in ihren Bann schlagen können."Von der Erde zum Mond" gehört zu den kühnsten technischen Utopien von Jules Verne. Er spielt in Amerika, nach Ende des Sezessionskrieges, den die Nordstaaten und Südstaaten gegeneinander ausgetragen haben und dessen militärische Exzesse endlich durch einen Friedensschluss beendet worden sind. In der Zeit des Krieges haben Waffentechnik und Ballistik ungeahnte Fortschritte gemacht und unter anderem zur Gründung eines Clubs in Baltimore geführt, der den Namen "Gun Club", zu deutsch etwa "Kanonen-Club", trägt. Mit dem Friedensschluss enden allerdings seine blutrünstigen Aktivitäten, und seine Mitglieder, überwiegend Kriegsveteranen, befürchten in Ermangelung neuer Aufgaben das baldige Ende ihres Clubs.Die Mitglieder des Gun-Clubs finden sich am 5. Oktober pünktlich in den Sälen des Gun Clubs zu einer Versammlung ein. Sie warten voller Spannung auf die Rede ihres Präsidenten. Barbicane, vierzig Jahre alt und vermögend, wird als Yankee reinster Prägung vorgestellt: kühn, kaltblütig, energiegeladen, voll praktischer Ideen. Er unterbreitet seinen Zuhörern den Plan einer großen Forschungstat, wie sie des neunzehnten Jahrhunderts würdig sei. Er will nichts Geringeres als die Rolle des Kolumbus für die unbekannte Welt des Mondes spielen und den Erdtrabanten für die Vereinigten Staaten erobern, und zwar mit Hilfe eines Geschosses, das mit einer gewaltigen Kanone abgefeuert werden soll. Barbicanes Plan löst bei den Mitgliedern des Gun-Club große Begeisterung aus, und diese Begeisterung springt bald von Baltimore auf andere Städte und das ganze Land über. Man feiert Barbicane als George Washington der Wissenschaft, ohne an der Realisierbarkeit des Planes ernsthaft zu zweifeln.Präsidenten Impey Barbicane hat zu einer Versammlung eingeladen, bei der er seinen Zuhörern einen kühnen Plan unterbreitet, nichts Geringeres nämlich als die Eroberung des Mondes. Durch eine gewaltige Kanone soll ein bemanntes Geschoss oder eine Rakete zum Mond gesandt werden, um ihn für die Vereinigten Staaten in Besitz zu nehmen. Ein Gutachten des Observatoriums Cambridge hält die Verwirklichung des Plans prinzipiell für möglich und legt die besten Voraussetzungen für das Unternehmen fest. Aber natürlich sind noch viele Schwierigkeiten zu überwinden.Impey Barbicane, Präsident des Gun Clubs von Baltimore, ist die treibende Kraft des kühnen Plans, mit einem Geschoß zum Mond zu reisen. Er ist ein typischer Yankee mit Unternehmergeist und voll praktischer Ideen. Unter seiner Leitung tritt ein vierköpfiges Vorbereitungskomitee zusammen, dem außer Barbicane noch General Morgan, Major Elphiston und als Sekretär J.T. Maston angehören. Zuerst wendet man sich der Frage zu, welche Beschaffenheit das Projektil haben muss, das zum Mond geschossen werden soll, und dabei geht es um die Frage seiner Form, seiner Größe und seines Gewichts.Unter Leitung von Barbicane tritt ein vierköpfiges Vorbereitungskomitee zusammen, dem auch noch General Morgan, Major Elphiston und als Sekretär J.T. Maston angehören. Zuerst wendet man sich der Frage zu, welche Beschaffenheit das Projektil haben muss, das zum Mond geschossen werden soll, und verständigt sich darauf, daß eine Kugel aus Aluminium die beste Lösung ist. Die nächste Frage heißt: Welche Kanone ist imstande, eine solche Aluminiumkugel mit hinreichender Anfangsgeschwindigkeit abzufeuern? Die Antwort lautet, dass es sich um eine Kanone aus Gußeisen handeln muss, neunhundert Fuß lang, mit einem Durchmesser von neun Fuß und mit Wänden von sechs Fuß Dicke. Nun aber geht es um die Frage des Treibstoffs oder, wie es bei Jules Vernes heißt, um die Beschaffenheit und Menge des erforderlichen Pulvers - auch damit muss sich das Komitee beschäftigen.Das vierköpfige Vorbereitungskomitee beschäftigt sich mit der Frage des Treibstoffs, und auch hier findet man eine Lösung, die alle Beteiligten zuversichtlich stimmt. In ganz Amerika werden die Vorbereitungen mit größtem Interesse verfolgt. Ganz unerwartet erwächst Impey Barbicane ein Widersacher in Gestalt von Kapitän Nicholl aus Philadelphia, der selber ein eifriger Forscher ist und Barbicanes Pläne für unrealisierbare Hirngespinste erklärt. Nicholl bietet eine Wette auf fünfzehntausend Dollar an, aber Barbicanes ebenso unerschrockene wie lakonische Antwort lautet: "Angenommen".In drei Sitzungen eines vorbereitenden Komitees werden unter Leitung von Präsident Barbicane die technischen Einzelheiten festgelegt. Doch bleibt die Frage, wo die Abschussrampe aufgebaut werden soll. Plätze, die den Kriterien des Observatoriums von Cambridge genügen, sind nur im Süden der USA, in Texas und Florida, zu finden. Nach langen Debatten fällt die Entscheidung für Florida, so als hätte Jules Verne vorausgeahnt, dass auch die amerikanische NASA hundert Jahre später ihre Mondraketen in diesem Bundesstaat aufstellen würde. Schließlich ist die Finanzierungsfrage zu klären, aber auch darauf gibt es eine befriedigende Antwort, weil durch eine weltweite Spendenaktion die erforderlichen Mittel beschafft werden. Ein Name für das Weltraumunternehmen ist bereits gefunden: es soll Columbiade heißen, in Anlehnung an den Mann, der dreihundertdreiundsiebzig Jahre zuvor Amerika entdeckte.In Stone´s Hill machen sich Arbeiter schon bald an die Ausschachtungsarbeiten für die Abschussrampe, und auch jetzt ist Präsident Barbicane der Motor des Unternehmens.In einer Einleitung hat Jules Verne die Handlung des ersten Teils seines Romans selber zusammengefasst: "Die ganze wissenschaftliche Welt" heißt es da, "wurde durch ein Experiment in Atem gehalten, das in den Annalen der Wissenschaft noch niemals seinesgleichen gehabt hatte. Die Mitglieder des Gun Clubs in Baltimore waren auf die Idee gekommen, sich durch eine Kugel mit dem Mond - jawohl, mit dem Mond! - in Verbindung zu setzen, die sie auf ihn abschossen. Der Präsident des Clubs, Barbicane, war der Urheber des Unternehmens. Nachdem er die Astronomen der Sternwarte von Cambridge über die Angelegenheit konsultiert hatte, veranlasste er, alle von der Mehrheit der Fachleute gebilligten Maßnahmen zu treffen, die zum Erfolg dieser außergewöhnlichen Unternehmung notwendig waren. Nachdem er ferner eine Subskription aufgelegt hatte, die nahezu dreißig Millionen Francs einbrachte, nahm er seine riesenhaften Arbeiten in Angriff. - Gemäß dem von den Mitgliedern der Sternwarte abgefassten Gutachten musste die für den Abschuss der Kugel bestimmte Kanone, um den Mond im Zenit zu visieren, in einem Land aufgestellt werden, das zwischen 0 und 28 Grad nördlicher oder südlicher Breite liegt. Der Abschuss musste am 1. Dezember genau um 13 Minuten und 20 Sekunden vor 23 Uhr erfolgen. Vier Tage nach ihrem Abschuss, am 5. Dezember genau um Mitternacht, wenn sich der Mond in Erdnähe befand, musste die Kugel auf den Mond treffen. Die wichtigsten Mitglieder des Gun Clubs, der Vorsitzende Barbicane, der Major Elphiston, der Schriftführer Maston und andere Gelehrte hielten mehrere Sitzungen ab, in denen die Form und Metallmischung für die Kugel, die Stellung und Beschaffenheit der Kanone, die Qualität und Quantität des zu verwendenden Pulvers erörtert wurden. Nach endgültiger Lösung all dieser Fragen bestimmte Präsident Barbicane zusammen mit dem Ingenieur Murchison Florida als Abschussplatz - und zwar genau bei 27 Grad 7 Minuten nördlicher Breite und 5 Grad 7 Minuten westlicher Länge. Dort erfolgte dann nach Bewältigung einer ganzen Reihe erstaunlicher Arbeiten der Guß der Columbiade mit günstigem Erfolg." Soweit die bisherigen Geschehnisse in des Autors eigener Zusammenfassung. Fügen wir noch hinzu, dass Florida erst nach einem langen Wettstreit mit Texas zum Schauplatz der Ereignisse bestimmt wird, und dass die Stadt Tampa, in deren Nähe die Abschussrampe errichtet wird, einen ungeahnten Aufschwung nimmt, zum Leidwesen der konkurrierenden Texaner.Es wird eine neue Figur in das Geschehen eingeführt, die für den Fortgang der Ereignisse von größter Bedeutung ist. Mit den Worten des Autors: "Soweit waren die Dinge gediehen, als ein Zwischenfall eintrat, der das Interesse, das sich an diese Unternehmung knüpfte, verhundertfältigte."Es ist ein Umschwung eingetreten. War es bislang das Ziel des Unternehmens gewesen, ein unbemanntes Projektil zum Mond zu entsenden, so entsteht nun die Idee einer bemannten Fahrt in den Kosmos. Ihr Urheber ist ein Franzose aus Paris, ein unerschrockener Abenteurer mit Namen Michel Ardan. Er wird charakterisiert als phantasievolle Künstlernatur von großem Geist und großer Verwegenheit. Telegraphisch belegt er einen Platz in dem Raumschiff - nicht ohne zu empfehlen, dessen Kugelgestalt in eine zylindrisch-konische Form zu verändern, um auf diesem Weg zum Mond hinauf zu gelangen und eine Erkundung des Erdtrabanten vorzunehmen. Der Vorschlag sorgt für Unruhe und Aufregung auch bei Präsident Barbicane, der bisher die treibende Kraft des ganzen Unternehmens gewesen ist. Und ganz Amerika wird von dieser Unruhe erfasst. Mit fiebeberhafter Neugier erwartet man die Ankunft des verwegenen Franzosen auf dem Dampfschiff Atlanta. Als Michel Ardan schließlich eintrifft, ruft er einen starken Eindruck hervor.Bei seiner Ankunft in Florida wird der Franzose Michel Ardan wie ein Weltwunder bestaunt, aber er tritt Barbicane offen und beinahe freundschaftlich entgegen und zerstreut dessen Argwohn, er könne in unguter Absicht gekommen sein. An dem Gedanken, mit dem Raumschiff zum Mond zu fliegen, hält er unerschrocken fest: "Ich finde die Gelegenheit, einen Abstecher zum Mond zu machen, und ergreife sie, was weiter? Bedarf das wirklich so vieler Überlegung?" So seine Worte. Dann hält Michel Ardan eine flammende Ansprache vor Tausenden von Zuhörern, worin er auf die Frage eingeht, ob andere Planeten und Trabanten womöglich bewohnt sind. Auch hier findet er eine pragmatische Antwort: "Ich weiß nicht, ob die Welten bewohnt sind, und weil ich es nicht weiß, will ich hingehen und es selber sehen."An dem Gedanken, mit dem Raumschiff zum Mond zu fliegen, hält Michel Ardan unerschrocken fest: Michel Ardan und Präsident Barbicane scheinen nun am gleichen Strang zu ziehen, bis sich ein unbekannter Widersacher in beleidigender Weise in die öffentliche Diskussion einmischt. Er entpuppt sich schließlich als Kapitän Nicholl, der schon früher Barbicanes Pläne und Absichten zu durchkreuzen versucht hatte. Nun bekommt die Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern einen persönlichen und schmerzhaft-kränkenden Charakter, und Barbicane glaubt es seiner Ehre schuldig zu sein, Kapitän Nicholl zum Duell zu fordern. Der geht augenblicklich auf die Forderung ein. Am nächsten Morgen um fünf Uhr, in einem Gehölz drei Meilen von Tampa Town entfernt, soll der Streit mit Waffen ausgetragen werden.Präsident Barbicane, der Urheber der Idee eines Mondflugs, und sein Widersacher Kapitän Nicholl haben sich - durch die Vermittlung des Franzosen Michel Ardan - miteinander ausgesöhnt, und sie besiegeln die neue Freundschaft bei einem gemeinsamen Frühstück durch die Absicht, Michel Ardan auf seinem Mondflug zu begleiten. Zu dritt wollen sich der Franzose und die beiden Amerikaner in die Raumkapsel der Columbiade einschließen lassen und ein Unternehmen wagen, das, wie wir wissen, in Wirklichkeit erst gut hundert Jahre später realisiert wurde.Der bemannte Flug zum Mond steht vor seiner Verwirklichung, nachdem die drei Protagonisten sich bereiterklärt haben, gemeinsam diese Reise anzutreten: Impey Barbicane, der Urheber der Idee, dessen einstiger Widersacher und neuer Freund Kapitän Nicholl und der Franzose Michel Ardan, der erfolgreich darauf hingewirkt hat, dem Projektil statt der zunächst geplanten Kugelform eine zylindrisch-konische Form zu geben. Das Raumschiff wird so luxuriös wie möglich ausgestattet, nimmt ausreichend Lebensmittel und, auf Wunsch des Franzosen, sogar Kunstgegenstände an Bord, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Auch wird Vorsorge getroffen, dass für die Dauer der Reise genug Sauerstoff vorhanden ist. Nun aber muss noch ein Teleskop errichtet werden, das stark genug ist, die Annäherung des Flugkörpers an den Mond zu beobachten. Das gibt Jules Verne Gelegenheit, kurz die Entwicklung des Fernrohres zu rekapitulieren.Es sind alle Vorbereitungen für den Start der Columbiade getroffen, nach Errichtung eines Teleskops auf einem Berg der Rocky Mountains, das stark genug ist, die Annäherung des Flugkörpers an den Mond zu beobachten. Die Frist ist nicht mehr lang bis zum Count-down, wie wir ihn aus der modernen Raumfahrt kennen; er ist bei Jules Verne bereits vorgebildet, nur dass es bei ihm ein Count-up ist.Jules Verne hat eine Fortsetzung des Roman "Von der Erde zum Mond" geschrieben, die unter dem Titel "Rund um den Mond" erschienen ist. Allein die Tatsache der Fortsetzung lässt darauf schließen, dass die drei Reisenden nicht im Weltall verschwinden.